von Jacqueline Stork
Haben Sie bereits abgestimmt? Wenn nicht, wird es so langsam Zeit. Denn: Von den knapp 18 Millionen Einwohnern in Nordrhein-Westfalen haben bislang gerade einmal rund 650 Personen ihre Meinung zur Digitalstrategie abgegeben. Umfassende Partizipation und der Wille zur Mitbestimmung sehen doch irgendwie anders aus. Konkret heißt das in Zahlen (Stand: 14.09.2018): 653 Prioritäten, 119 Kommentare, 65 Registrierungen, 14 Bewertungen, zwei Stellungnahmen. Überwältigende Resonanz - Fehlanzeige. Und dass, obwohl doch das Thema Digitalisierung in der breiten Öffentlichkeit disktutiert wird und die Relevanz sicher unbestritten ist.
Wie sieht der Beteiligungsprozess im Falle der nordrhein-westfälischen Digitalstrategie aus? Wer nun eine halbstündige Umfrage erwartet, wird eines besseren belehrt: kurz und knapp sind die Fragen, bei der Priorisierung von Themen muss sich der Teilnehmer gerade einmal zwischen zehn verschiedenen Schwerpunkten entscheiden. Als Teilnehmer am Beteiligungsprozess kann man Prioritäten setzen, Themen weiterdenken, die Digitalstrategie kommentieren und als Verband oder Verein auch eine eigene Stellungnahme hochladen - das haben übrigens bis heute erst zwei getan.
Durchaus interessant ist das Zwischenergebnisse im Bereich der Prioritätensetzung - das sind die aktuellen Top 5: Bildung und Kultur (48,6 Prozent), digitale Verwaltung (39,8 Prozent), schnelles Internet (39,6 Prozent), Wirtschaft und Arbeit (28 Prozent) und Mobilität (27,9 Prozent). Themen, die sonst häufig in der Öffentlichkeit diskutiert werden, wie zum Beispiel "Sicherheit und Datenschutz", "Teilhabe und Chance", "Energie und Klima" oder auch "Gesundheit und Pflege" finden sich in diesem Ranking auf den hinteren Positionen wieder. Aber sind beispielsweise Fragestellungen in Hinsicht auf Sicherheit und Datenschutz wirklich zu vernachlässigen oder hängt dieses Zwischenergebnis vielmehr damit zusammen, wer bislang abgestimmt hat?
Schauen wir darauf, was die Digitalstrategie im Bereich Bildung und Kultur, dem aktuellen Spitzenreiter, vorsieht: Bildung und Kultur soll der Schlüssel für eine digitale Welt sein, eine durchaus ansprechende Metapher, die in der praktischen Umsetzung allerdings weniger innovativ anmutet. In einigen Schlagworten: Lernen ein Leben lang, erste Medienkontakte in der Kita, Digitalisierungsoffensive an den Schulen, Medienkompetenzen vermitteln, Hochschulen machen die Digital-Profis von morgen. Der „Monitor Digitale Bildung“ der Bertelsmann Stiftung schafft eine umfassende Datenbasis zum Stand des digitalisierten Lernens in den vier Bildungssektoren in Deutschland. Die wichtigsten Ergebnisse: Die Schule verkennt bislang die pädagogischen Potenziale der Digitalisierung (nur 15 Prozent der Lehrer sind versierte Nutzer digitaler Medien), kaum eine Schule behandelt Digitalisierung als strategisches Thema. Und schon bei der Ausgangssituation hapert es: schlechtes WLAN, mangelhafter IT-Support und unzureichende Weiterbildung erschweren eine sinnvolle Digitalisierung im Bildungsbereich.
Trotzdem tut sich einiges im Bereich Digitalisierung in NRW. Wer sich detaillierter in die Entwicklung der Digitalstrategie einbringen möchte, kann dies übrigens auch, in dem er oder sie noch einige Fragen zu Digitalisierungspotenzialen und Chancen und Herausforderungen in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Dimensionen beantwortet. Oder Sie laden ihre eigene Stellungnahme im Beteiligungsportal hoch, damit man bei der Resonanz nach Abschluss des Prozesses auch tatsächlich von einer Beteiligung möglichst vieler nordrhein-westfälischer Akteure sprechen kann. Insbesondere die IKT-Wirtschaft sollte sich mit ihrer Expertise in diesen Prozess einbringen! Bis zum 7. Oktober bleibt noch Zeit, machen Sie mit!
Ich bin gespannt, was das Ergebnis des Beteiligungsprozesses bringt.
Herzliche Grüße
Jacqueline Stork